„Man erntet was man sät.“
Ok, also handelt dieser Artikel von der Bestellung digitaler Felder auf gepachteten Grundstücken im Metaverse? Vorerst nicht, denn das ist eine ganz andere Baustelle.
Wir sind im Bereich der Decentralized Finance und schauen uns das Yield Farming näher an. Dabei klären wir, was sich hinter dem Begriff versteckt und wie die derzeitige Integration in das deutsche Steuerrecht aussieht.
Dieser Artikel gehört zu unserer DeFi-Reihe, in der wir ausgehend von einer allgemeinen Einführung in die Decentralized Finance sukzessive die bisher bekanntesten Anwendungen vorstellen und auf deren steuerrechtliche Behandlung eingehen.
Grundlagen des Yield Farming:
Yield Farming bringt die Decentralized Finance auf das nächste Level und ist der nächste logische Schritt in einer dezentralisierten, digitalen und globalen Finanzwelt.
Bereits kurz nachdem sich abzeichnete, dass DeFi kein Hype war, der wieder vergehen würde, sondern gekommen war um zu bleiben, kamen die ersten Markteilnehmer zu der folgenden Erkenntnis:
„Wir haben mit Borrowing, Lending, SWAPS, Staking und Liquidity Mining eine Vielzahl netter DeFi-Bausteine, warum entwickelt man nicht eine Software, die diese Bausteine aufsammelt, optimal zusammensetzt und daraus etwas Schönes baut?“
Fertig war der Grundgedanke des Yield Farming.
Yield Farming kombiniert die gängigen DeFi-Anwendungen mittels Smart Contracts zur protokollübergreifenden Renditeoptimierung. Es handelt sich dabei um miteinander interagierende Smart Contracts, die sich die Vorteile der etablierten Anwendungen zunutze machen um im Ergebnis die maximale Rendite für den Investor zu generieren.
Stark vereinfacht ausgedrückt: Der Nutzer legt einen finanziellen Rahmen fest und drückt auf Start. Dann rennt der Smart Contract los, interagiert mit vielen verschiedenen anderen Smart Contracts und versucht dabei die maximale Rendite zu erwirtschaften. Die Parameter der Smart Contracts sind vorab natürlich klar definiert, transparent gestaltet und aufgrund der zugrundeliegenden Blockchaintechnologie sicher.
In der Zwischenzeit haben sich viele verschiedene Yield Farming Protokolle entwickelt, die zwar differenzierte Ansatzpunkte haben, im Kern jedoch einer ähnlichen Grundstruktur unterliegen.
Ein gängiges Muster ist beispielsweise:
Phase 1: Borrowing von Assets (oftmals Stablecoins wie USDT oder USDC) gegen Hinterlegung einer Sicherheit (Collateral)
Phase 2: Swap der geliehenen Kryptowährungen gegen Kryptoassets die zur Einkunftserzielung genutzt werden sollen
Phase 3: Farming der Rewards durch Staking / Lending / Liquidity Mining dieser Assets
Phase 4: Rückabwicklung / Kapitalabzug
Dieses Grundmuster kann durch die Hinzunahme oder den Wegfall einzelner Bausteine der Kette individualisiert werden, sodass sich jedes Yield Farming Protokoll letztlich in seiner Zusammensetzung von anderen Anwendungen in diesem Bereich unterscheidet. Manche binden darüber hinaus sogenannte Governance-Token in die Struktur ein, die ihrerseits verschiedene Funktionen erfüllen und in den meisten Fällen auch als Einnahmequelle genutzt werden können.
Das führt im Ergebnis dazu, dass die Yield Farming Protokolle sich zwar in ihrer Art und ihrem Aufbau ähneln, hinsichtlich ihrer Zusammensetzung aber stets individuell betrachtet werden müssen.
Welche Gefahren und Risiken bestehen?
Diesen Punkt sollte man bei keiner Anwendung im Bereich der Decentralized Finance unterschätzen. Smart Contracts sind nur so gut, wie der ihnen zugrundeliegende Code. Ist dieser fehlerhaft oder enthält sogar Hintertüren, können Anleger im schlimmsten Fall ihr komplettes Investment durch Hacks oder Scams verlieren.
Yield Farming und Steuerrecht
Da der Begriff Yield Farming einen ganzen Bereich der Decentralized Finance beschreibt und sich nicht nach Schema F zusammensetzt, kann auch steuerrechtlich keine allgemeingültige Aussage getroffen werden. Vielmehr muss man sich jedes Yield Farming Projekt anschauen und die dahinterstehenden Schritte steuerrechtlich zutreffend subsumieren.
Wie im Grundlagenbereich dieses Artikels bereits erläutert, nutzen die Smart Contracts der Yield Farming Protokolle in vielen Fällen eine Kombination aus:
- Borrowing
- Lending
- Staking
- Swaps
- Liquidity Mining
und verbinden diese zur Renditeoptimierung.
Für steuerliche Zwecke gilt es genau zu analysieren welche Geschäfte getätigt wurden und diese dann schrittweise steuerrechtlich würdigen. Durchexerziert an dem eingangs skizzierten Muster sieht das Ganze folgendermaßen aus:
Phase 1: Borrowing von Kryptoassets gegen Hinterlegung einer Sicherheit (Collateral)
Sowohl die Leihe der Assets als auch die Hinterlegung des Collateral lösen nach derzeitiger Rechtsauffassung keine direkten steuerlichen Folgen aus. Die anfallenden Zinsen können jedoch eine steuermindernde Auswirkung entfalten. Vertiefend hierzu unser Artikel:
Phase 2: SWAP in Kryptoassets die zur Einkunftserzielung genutzt werden sollen
Ein SWAP zwischen verschiedenen Kryptoassets stellt ein Tauschgeschäft dar, das grundsätzlich nach § 6 Abs. 6 EStG zu bewerten ist. In der Hingabe eines Coins/Tokens ist dabei dessen Veräußerung und vice versa in dem im Gegenzug erhaltenen Coin/Token dessen Anschaffung zu sehen. Die Besteuerung erfolgt nach den Grundsätzen, die wir in unserem Artikel „DeFi-Guide: SWAPs und Decentralized Exchanges“ bereits dargestellt haben.
Phase 3: Farming der Rewards durch Staking / Lending / Liquidity Mining
Staking, Lending oder Liquidity Mining sind steuerlich relevante Vorgänge, die im Privatvermögen je nach Einkunftsart in den meisten Fällen unter die Sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG subsumiert werden aber auch Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG darstellen können (denkbar beim Liquidity Mining). Im Betriebsvermögen liegen im Regelfall u.a. aufgrund des geltenden Subsidiaritätsprinzips Einnahmen der jeweiligen Einkunftsart vor, der die Rewards entstammen; dabei sind insbesondere Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 EStG, aber auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit § 18 EStG denkbar.
Unsere hierzu veröffentlichten Artikel mit detaillierteren Darstellungen finden Sie nachstehend:
Phase 4: Rückabwicklung / Kapitalabzug
Bei der Rückabwicklung zieht der Investor sein Kapital ab und die ganze Kette wird bis zur Auslösung des Collaterals zurückgerollt. Hierbei sind insbesondere Haltefristen und die bestehende Problematik hinsichtlich der Haltefristverlängerung zu beachten.
Haltefristverlängerung
Nach Ansicht der Bundesregierung kann Yield Farming die Halterfristverlängerung in § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2. S. 4 EStG für die hinterlegten Kryptoassets auslösen.
Auf eine kleine Anfrage der FDP Fraktion (BT-Drucks 19/31924) nach der Anwendung der Haltefristverlängerung im DeFi-Bereich (z.B. Liquidity Mining, Yield Farming, etc.) antwortete die Bundesregierung (BT-Drucks 19/32192):
„Die Verlängerung der Haltefrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4 EStG gilt für Wirtschaftsgüter im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, aus deren Nutzung als Einkunftsquelle zumindest in einem Kalenderjahr Einkünfte erzielt werden. Beim sogenannten Yield Farming versuchen Halter virtueller Währungen durch Investments in dezentralisierte Finanzmärkte, Einkünfte zu erzielen, indem sie beispielsweise für dezentrale Börsen gegen Vergütung Liquidität in Form virtueller Währung bereitstellen (Liquidity Mining). Abhängig von der konkreten Ausgestaltung etwa eines genutzten Smart Contracts liegt in diesen Fällen nach Einschätzung der Bundesregierung eine Nutzung der eingesetzten virtuellen Währung zur Einkünfteerzielung nahe.“
BT-Drucks 19/32192
Zum Thema Haltefristverlängerung haben wir bereits einen ausführlichen Artikel verfasst, auf dessen Grundsätze wir an dieser Stelle verweisen möchten:
Für die Praxis könnte die Haltefristverlängerung beim Yield Farming nach unserer Rechtsauffassung lediglich in Phase 3 (s.o.) relevant werden, da die Kryptoassets an diesem Punkt zur Erzielung von Einkünften eingesetzt werden. Hierfür müsste § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2. S. 4 EStG jedoch Kryptoassets erfassen und darüber hinaus die erhaltenen Rewards einen direkten Ausfluss aus der hinterlegten Kryptowährung (als „Anderes Wirtschaftsgut“ i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) darstellen. Das ist zumindest fraglich, da die Rewards durchaus auch den Ausfluss aus einer Forderung darstellen können, die man für die Hinterlegung der Kryptoassets erworben hat. Hiernach wäre die Einkunftsquelle die Forderung und nicht die Kryptowährung. Es käme mithin nicht zur Verlängerung der Haltefrist für die hinterlegten Kryptoassets (detaillierter in unserem o.g. Artikel).
Sollte die Verlängerung der Haltefrist anwendbar sein, könnte – der Logik der Finanzverwaltung folgend – die Erzielung von Erträgen/Rewards in den Phasen 3 die hierfür genutzten Kryptowährungen mit einer 10-Jahres-Haltefrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2. S. 4 EStG infizieren. Diese Auffassung ist umstritten und wird voraussichtlich höchstgerichtlich geklärt werden müssen.
Bei einer Einstufung als Einkünfte aus Kapitalvermögen (wie von uns beispielsweise beim Liquidity Mining vertreten) entfällt die Haltefristthematik gänzlich, da § 20 EStG – entgegen § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG – keine Befreiungsmöglichkeit nach Ablauf einer Haltefrist beinhaltet. Entgegen des individuellen Steuersatzes nach Tarif würde jedoch die Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% zur Anwendung kommen.
Tracking
Das Tracking ist ein keinesfalls zu unterschätzernder Faktor, da Yield Farming in seiner bisherigen Form ohne automatisiertes Tracking der Transaktionen schnell zum Albtraum werden und ein enormes Dokumentationschaos verursachen kann. Durch die Interaktion verschiedener DeFi-Protokolle können innerhalb kürzester Zeit tausende Transaktionen zusammenkommen, deren manuelle Aufarbeitung enorm mühselig, zeitaufwändig und ab einem gewissen Punkt nicht mehr wirtschaftlich ist. Oder investmenttechnisch ausgedrückt: rekt!
3. Zusammenfassung und Fazit
Die Entwicklung des Yield Farming war der nächste logische Schritt um die Vorteile der Decentralized Finance vollumfänglich auszuschöpfen. Aufgrund der dargestellten DeFi-Risiken und der Gefahren ohne vollautomatisiertes Tracking ein steuerrechtliches Chaos anzurichten, ist Yield Farming jedoch eher etwas für erfahrene Markteilnehmer. Wer hier allerdings präventiv handelt, kann durch Yield Farming hohe Renditen erzielen.
Die phasenweise Betrachtung im Steuerrecht ist indes sehr komplex und verlangt vom steuerlichen Berater, der Finanzverwaltung und später auch den Richtern an den Finanzgerichten fundierte Kenntnisse des Kryptospace – denn ohne den Sachverhalt zu verstehen, hilft auch der formidabelste juristische Sachverstand nur bedingt. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber zukünftig zumindest eine teilweise Vereinfachung beschließt, um die derzeige Komplexität auf weniger Vorgänge herunterzubrechen oder gar eine Flat Tax auf die Nettorendite einführt, um auch dem über den Geschäften mit Kryptowährungen schwebenden Damoklesschwert der etwaigen Verfassungswidrigkeit der Besteuerung zu entgehen.
Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums. Für eine konkrete Beratung wird diesseitig die Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts oder Steuerberaters empfohlen.
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- Martin Rudolph, M.A. Staatswissenschaftler, Junior Tax Consultant (Autor)
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