Wenn man sich mit Decentralized Finance beschäftigt, wird man über kurz oder lang auf die Begriffe SWAP und Decentralized Exchanges (kurz: DEX) stoßen – und das zu Recht, denn SWAPs und DEXs haben sich in den vergangenen Jahren zu zentralen Bestandteilen des DeFi-Marktes entwickelt und sind dort nicht mehr wegzudenken. Grund genug sich beide Themen im Rahmen unserer DeFi-Reihe einmal genauer anzuschauen und eine steuerrechtliche Einordnung vorzunehmen.  

Dieser Artikel gehört zu unserer DeFi-Reihe, in der wir ausgehend von einer allgemeinen Einführung in die Decentralized Finance sukzessive die bisher bekanntesten Anwendungen vorstellen und auf deren steuerrechtliche Behandlung eingehen. 

1. Grundlagen des Handels

1.1 Was sind Börsen?

Traditionelle Handelsbörsen sind Marktplätze, die Angebot und Nachfrage der Marktteilnehmer zusammenfassen.

Dabei ist es unerheblich ob man sich unter einer Börse den typischen Börsensaal voller schreiender und wild gestikulierender Investmentbanker und Anlageberater aus Spielfilmen, die schon modernere Version von Bankern vor einer Vielzahl an Computerbildschirmen oder die heutzutage vermutlich vorherrschende Praxis von K.I. Software, die selbständig nach den vorgegebenen Einstellungen und Parametern im Sekundentakt auf allen Finanzmärkten dieser Welt handelt, vorstellt. Eins haben alle gemein: sie bilden einen Ort an dem Käufer und Verkäufer zusammenkommen und alle denkbaren Assets miteinander handeln.

Im Grunde sind Börsen also nichts anderes als der Wochenmarkt auf dem Händler ihre Waren an interessierte Kunden verkaufen. Einigen sich der Verkäufer und der Käufer auf einen Preis für die gewünschte Ware, schließen sie im Anschluss einen Kaufvertrag ab; der Verkäufer erhält das Geld und der Käufer die Ware. An einer Börse ist das Ganze lediglich etwas größer und man kauft dort statt Eiern und Wurst beispielsweise Firmenanteile (Aktien) oder Rohstoffe.

1.2 Centralized Exchanges – CEX

So ist es natürlich keine Überraschung, dass dieses jahrhundertealte Konzept auch auf den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen angewendet wurde. Die Kryptohandelsplätze, sogenannte Exchanges, bringen Käufer und Verkäufer für den Vertragsabschluss zusammen. Sie sind zentralisiert, werden also von einem Anbieter (z.B. einer Firma oder Organisation) betrieben.

Wo liegt das Problem? Um den Handel auf einer zentralisierten Exchange durchzuführen, müssen Kryptoassets zuvor auf ein Kundenkonto bei der Handelsplattform transferiert werden. Die Exchange hält dann die Private Keys (Zugang zu den Kryptoassets) und verwahrt die Kryptowährungen der Kunden treuhänderisch. Der Kunde muss ihr also vertrauen, dass sie seriös arbeitet und sich beispielsweise vor Hackern schützt. Das hat in der Vergangenheit nicht immer geklappt. Neben den legendären Pleiten der Handelsplätze Mt. Gox und Cryptopia (bei denen Kunden Kryptoassets im Wert von Milliarden Euro verloren haben) waren auch die meisten übrigen CEX zumindest von kleinen Vorfällen betroffen.

Zentralisierte Exchanges wurden:

  • gehackt
  • manipuliert
  • meldeten Insolvenz an und
  • veruntreuten oder stahlen die Kryptoassets ihrer Kunden

Dieses Problem lösen dezentrale Handelsplätze.

1.3 Decentralized Exchanges – DEX

1.3.1 Was ist eine DEX?

Dezentrale Exchanges sind autonome dezentrale Anwendungen (sogenannte dApps) und ermöglichen es den Nutzern ihre Assets ohne Einschaltung einer zentralen Entität (third parties wie z.B. eine Exchange/Tauschbörse) zu handeln. Der Handel erfolgt unter Anwendung von Smart Contracts direkt (peer-to-peer) zwischen den Wallets der Nutzer; zumeist durch SWAPs, also den direkten Tausch von Kryptowährungen ohne Exchange.

1.3.2 Worin besteht der Vorteil?

Der Vorteil besteht neben der Ausschaltung einer potentiellen Gefahrenquelle vor allem in den geringeren Transaktionsgebühren der DEX, die perfekt zu dem Hochfrequenzhandel im DeFi-Markt passt.

Der wichtigste Aspekt ist aber zweifelsfrei der Vertrauensgewinn, denn durch die Nutzung einer DEX verliert man zu keinem Zeitpunkt die Kontrolle über die eigenen Assets, da diese nicht erst auf eine zentralisierte Exchange transferiert werden müssen. Dem Mantra vieler Kryptoinvestoren „not your keys, not your coins“ kann somit unter Verwendung einer DEX entsprochen werden.

1.3.3 Wie funktioniert die DEX?

Decentralized Exchanges funktionieren durch die Anwendung von verschiedenen Smart Contracts, die den Handel, den Betrieb der Exchange aber auch die Verwaltung der Liquidität steuern.

Um einen möglichst fehlerfreien und manipulationssicheren Handel zu gewährleisten benötigt eine DEX ausreichend Liquidität, die sie mangels dahinterstehender Organisation (denn sie ist ja dezentral und fungiert ohne Mittelsmann) nicht selbst besitzt. Sie ist daher auf Liquidität von außen angewiesen und nutzt hierfür einen eleganten Mechanismus, der – wie der komplette Betrieb der DEX natürlich via Smart Contract – funktioniert: die DEX arbeitet mit Liquiditätspools in denen eine Vielzahl an Investoren Kryptoassets in der Regel paarweise gegen Bezahlung (rewards) hinterlegen, die der DEX dann für den Handel zur Verfügung stehen. Der Handel selbst erfolgt zumeist durch SWAPs (dazu später unter 1.4). Für die Verwaltung nutzt die Decentralized Exchange einen Automated Market Maker (AMM). Aufgrund der rewards haben Investoren ein Interesse daran der DEX Liquidität zur Verfügung zu stellen und somit an dem Handel finanziell zu partizipieren. Es entsteht eine win-win-Situation für die DEX und jene, die ihr Kapital zur Verfügung stellen. Die Kapitalbereitstellung gegen rewards nennt sich Liquidity Mining, das wir bereits als einen weiteren Bestandteil in unserer DeFi-Reihe vorgestellt haben: DeFi-Guide: Grundlagen und Besteuerung des Liquidity Mining

1.3.4 Welche Risiken und Nachteile gibt es?

Es bestehen jedoch auch Gefahren, insbesondere durch fehlerhafte Smart Contracts (z.B. mit eingebauten Hintertüren) oder eine zu geringe Liquidität der Börsen. Darüber hinaus sind DEX in vielen Fällen nicht so benutzerfreundlich aufgebaut, sodass es etwas dauern kann, bis man sich zurechtfindet. Einen Support gibt es in Ermangelung einer zentralen Entität nicht, hat man also ein Problem da man beispielsweise beim Handel über eine DEX einen Fehler gemacht hat, dann hat man in der Tat ein Problem.

1.4 SWAPs

Ein SWAP ist die Standardform des Handels über eine Dezentralized Exchange und erst einmal grundsätzlich nichts anderes als ein Tausch von Kryptowährungen. Person A tauscht mit Person B Kryptoassets, fertig ist der SWAP.

Sie fragen sich: Was ist daran neu und besonders? Das funktioniert doch seit Jahren über diverse Handelsplätze (Exchanges) wie z.B. Binance, Kraken, Coinbase und Co.

Antwort: Es fehlt die zentralisierte Exchange und damit der Mittelsmann als dritte Partei (third party). Der Tauschvorgang erfolgt via Smart Contract direkt zwischen den Wallets des Käufers und Verkäufers (peer-to-peer), die über die DEX zusammengebracht werden.

Dieser Vorgang kann auch via zeitgebundenen Smart Contracts interoperabel über verschiedene Blockchains hinweg erfolgen, dann spricht man von Atomic SWAPs.

2. Steuerrechtliche Implikationen

Die gute Nachricht vorab: da es sich bei SWAPs über Decentralized Exchanges grundsätzlich um Tauschgeschäfte handelt, erfolgt die Behandlung auch analog der bereits bekannten steuerrechtlichen Grundsätze.

Bei einem SWAP stellt die Hingabe eines Coins/Tokens dessen Veräußerung und vice versa der im Gegenzug erhaltenen Coin/Token dessen Anschaffung dar. Gemäß § 6 Abs. 6 EStG bemessen sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts. Der gemeine Wert ist dabei in der Regel der Marktwert des hingegeben Coins/Tokens. 

Besonderheiten für den Handel über DEX bestehen im Vergleich zu zentralisierten Exchanges indes nicht. Ihre Verwendung wirkt sich steuerrechtlich lediglich durch die niedrigeren Gebühren (Fees) aus, die als Anschaffungs- und/oder Veräußerungsnebenkosten zu berücksichtigen sind.

Da die steuerrechtliche Würdigung von SWAPs via Decentralized Exchanges analog dem Handel auf zentralisierten Handelsplattformen erfolgt, haben wir die ertragsteuerlichen Grundsätze nachstehend lediglich in verkürzter Form dargestellt. Unseren umfangreichen Artikel zur Besteuerung des Handels mit Kryptowährungen im Privat- und Betriebsvermögen haben wir Ihnen zur vertiefenden Lektüre verlinkt:

2.1 Privatvermögen

Liegen zwischen der Anschaffung und der Veräußerung von Kryptoassets mehr als 1 Jahr, unterliegt ein etwaiger Veräußerungsgewinn (aber auch ein Veräußerungsverlust) nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG nicht der Besteuerung.

Realisierte Veräußerungsgewinne innerhalb der „Jahresfrist“ sind steuerpflichtig wenn sie die Freigrenze in Höhe von 600 Euro gemäß § 23 Abs. 3 S. 5 EStG übersteigen. Ein Veräußerungsgewinn ist in dem Jahr der Realisierung mit dem individuellen Steuersatz nach Tarif zu versteuern. Es gilt das Zufluss- und Abflussprinzip des § 11 EStG. Die Freigrenze von 600 Euro gilt dabei insgesamt für alle privaten Veräußerungsgeschäfte eines Kalenderjahres.

Neben der Einzelbewertung ist – als Bewertungsvereinfachung – nach derzeitiger Rechtsauffassung das FiFo-Verfahren („first in first out“) zulässig.

Die Ermittlung eines Handelsgewinns/-verlustes erfolgt gemäß § 23 Abs. 3 S. 1 EStG nach folgender Formel:

Veräußerungsgewinn/-verlust =
Veräußerungserlös
./. Nebenkosten der Veräußerung
./. Anschaffungskosten (inkl. Anschaffungsnebenkosten)

Werden die Kryptowährung zur Erzielung von Einkünften genutzt (z.B. Erwirtschaftung von Zinsen durch z.B. Lending), kann es zu einer Haltefristverlängerung auf 10 Jahre kommen. Oder auch nicht, wie wir in unserem Artikel Verlängerung der Haltefrist: Staking / Lending / Masternodes thematisiert haben.

Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften können lediglich mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden. Eine Verrechnung mit Gewinnen aus anderen Einkunftsarten scheidet aus. Nach § 10d EStG besteht jedoch die Möglichkeit des Verlustrücktrages in das Vorjahr und des Verlustvortrages in die nachfolgenden Jahre.

2.2 Betriebsvermögen

Kryptowährungen in einem Betriebsvermögen unterliegen einer abweichenden steuerrechtlichen Dogmatik, da sie unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder selbständiger Arbeit (§ 18 EStG) subsumiert werden.

Die Gewinnermittlung erfolgt – je nach gesetzlicher Vorgabe – entweder durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG oder Bilanzierung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG.

Einnahme-Überschuss-Rechner und bilanzierende Unternehmen sind an die Bewertungsvorschriften des Handelsgesetzbuches und/oder des Einkommensteuergesetzes gebunden. Je nach Funktion ist eine Zuordnung der Kryptoassets zum Anlage- oder Umlaufvermögen vorzunehmen.

Auch die Bewertung unterscheidet sich von jener im Privatvermögen, da für Wirtschaftsgüter steuerrechtlich grundsätzlich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG i.V.m. R 6.9 Abs. 1 S. 1 EStR das LiFo-Verfahren („last in first out“) anzuwenden ist, wohingegen sich beim Handel mit Kryptowährungen im Privatvermögen nach derzeitigem Stand das FiFo-Verfahren durchzusetzen scheint.

Werden Kryptowährungen dem Betriebsvermögen zugeordnet, existiert darüber hinaus keine Steuerfreiheit nach Ablauf einer Mindesthaltedauer; die Kryptoassets bleiben steuerverstrickt.

Im Gegensatz zu Kryptowährungen im Privatvermögen gibt es im Betriebsvermögen auch keine 600-Euro-Freigrenze, dafür können aber Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen im Betriebsvermögen mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden (horizontaler Verlustausgleich).

Die Ermittlung eines Handelsgewinns/-verlustes kann im Betriebsvermögen ebenfalls mit der oben angeführten Formel erfolgen:

Veräußerungsgewinn/-verlust =
Veräußerungserlös
./. Nebenkosten der Veräußerung
./. Anschaffungskosten oder Herstellungskosten (inkl. Anschaffungs- oder Herstellungsnebenkosten)

Zur Vertiefung und zu Themen wie der umsatzsteuerrechtlichen und gewerbesteuerrechtlichen Behandlung empfehlen wir unseren o.g. Artikel: Kryptowährungen (Bitcoin, Ethereum, etc.) und Steuern

3. Zusammenfassung und Fazit

SWAPs und DEXs treten im Bereich der Decentralized Finance oft in Kombination auf. Durch die Ausschaltung von Intermediären sind sie ein integraler Bestandteil des Markts geworden, wobei der größte Vorteil in der Reduzierung bestehender Risiken und somit der Sicherung der Assets der Marktteilnehmer zu sehen sein dürfte.

Da Smart Contracts aber nur so gut sind wie der ihnen zugrundeliegende Code, sollten auch erfahrene Marktteilnehmer stets auf die Auswahl seriöser Projekte achten.

Steuerrechtlich erfolgt die Besteuerung analog der bereits bekannten Muster für den Handel auf zentralisierten Börsen. Erfreulich ist, dass sich diesbezüglich in der Beraterschaft, der Fachliteratur und Finanzverwaltung derzeit eine herrschende Meinung verfestigt.    


Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums. Für eine konkrete Beratung wird diesseitig die Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts oder Steuerberaters empfohlen.

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