Seit dem Höhenflug von 2017 und der Korrektur in 2018 ist bezüglich Bitcoin & Co. derzeit (verhältnismäßig) etwas Ruhe eingekehrt. Viele Goldgräber haben den Markt verlassen, andere Marktteilnehmer haben den Krypto-Winter ausgesessen und günstig nachgekauft. Letztere wurden für ihre Geduld mit dem Kursanstieg zurück auf 10.000 USD belohnt.

Wir wollen die etwas ruhige Marktphase dazu nutzen, um einen Blick auf die steuerrechtlichen Entwicklungen in der Zwischenzeit zu werfen.

Das Wichtigste vorab: Es existiert bisher weiterhin keine spezielle gesetzliche Regelung zur Besteuerung von Kryptowährungen. Auch das Bundesfinanzministerium hält sich bedeckt und hat bis dato kein ertragsteuerliches Schreiben (sogenannte BMF-Schreiben) veröffentlicht, welches alle Finanzämter bundesweit binden würde. Es existieren in vielen Finanzämtern zwar interne Anweisungen, diese entfalten jedoch keine Rechtswirkung nach außen und können von Finanzamt zu Finanzamt divergieren. Einzig die Fachliteratur hat sich der auftretenden Rechtsfragen – zumindest teilweise – angenommen. Dort herrscht in einigen Fragen jedoch Uneinigkeit (z.B. Veräußerungsreihenfolge/Bewertungsverfahren – Fifo? Lifo? Durchschnittsbewertung? Einzelbewertung?, siehe u.a. Heuel/Matthey, Im Privatvermögen gehaltene Kryptowährungen, EStB 7/2018 m.W.N.; Hakert/Kischbaum, Kryptowährungen wie Bitcoin & Co, DWS 02/2018 m.W.N.) und andere Themenbereiche (beispielsweise die Besteuerung von Masternodes) sind bisher noch nicht in den Fokus des Interesses gerückt.

Die nachstehenden steuerrechtlichen Darstellungen entsprechen dem derzeitigen Tenor in der Fachliteratur, sind jedoch keinesfalls als gesetzlich gegeben zu erachten, müssen im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung gewürdigt werden und können sich jederzeit ändern. Da die Rechtsmaterie neu und hochkomplex ist, wird diesseitig dringend die Konsultation eines Steuerberaters angeraten.

Dieser Artikel befasst sich primär mit Darstellungen von Kryptowährungen im Privatvermögen. Die Besteuerung von Kryptowährungen im Betriebsvermögen unterliegt einer hiervon abweichenden steuerrechtlichen Würdigung, hinsichtlich derer wir einen gesonderten Beitrag verfassen werden.   

Handel mit Kryptowährungen

Erfolgt der Handel von Kryptowährungen im Privatvermögen, so verfestigt sich bisher die Rechtsaufassung der Einstufung als privates Veräußerungsgeschäft und folglich der Subsumtion unter § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, die wir bereits ausführlich in unserem umfangreichen Artikel Kryptowährungen (Bitcoin, Ethereum, etc.) und Steuern thematisiert hatten, dessen Lektüre wir Ihnen an dieser Stelle empfehlen.

Initial Coin Offerings (ICOs)

Die steuerrechtliche Würdigung von ICOs ist im Vergleich zu den weiteren Sonderfällen der Anschaffung von Kryptowährungen, in der Regel nicht problematisch. Bei einem ICO erhält man in einem „Vorverkauf“ eine neue bisher noch nicht gehandelte Kryptowährung (zumeist vergünstigt) gegen FIAT (EUR, USD, etc.) oder andere Kryptos im Rahmen des Tauschs gemäß § 6 Abs. 6 EStG. Es erfolgt also eine Anschaffung im Rahmen des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Die einzige Besonderheit besteht darin, dass der Anschaffungszeitpunkt bereits der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages darstellt (zumeist konkludent via Smart Contract) und nicht der tatsächliche Zufluss des neuen Coins/Tokens auf der eigenen Wallet, vgl. Hakert/Kischbaum, Kryptowährungen wie Bitcoin & Co, DWS 02/2018.  

Forks

Bei einem Hard Fork teilt sich die ursprüngliche Blockchain regelmäßig an einem bestimmten Zeitpunkt (Blocknummer) auf und beide Teile entwickeln sich fortan eigenständig weiter. Der bisher wohl bekannteste Fork war Anfang August 2017 der Bitcoin Cash (BCH) Fork. Jeder der zu diesem Zeitpunkt eine bestimmte Anzahl Bitcoin besaß, erhielt zusätzlich einen entsprechenden Betrag in Bitcoin Cash.

Steuerrechtlich wird in der Literatur (Heuel/Matthey, Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen im Privatvermögen, NWB Nr. 15, S. 1037ff.) die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des Aktiensplits analog anzuwenden sind. Da Kryptowährungen jedoch keine Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) darstellen, ist eine unmittelbare Anwendung nicht möglich.

Die ursprünglich angeschaffte Kryptowährung wird durch den Fork steuerrechtlich nicht tangiert. Anschaffungskosten und Anschaffungszeitpunkt bleiben unverändert. Anders stellt sich die Sachlage jedoch bei der durch den Fork neu entstandenen neue Kryptowährung dar. Da hier keine Aufwendung getätigt wurden, belaufen sich die Anschaffungskosten tatsächlich auf 0 EUR. Analog des Aktiensplits erfolgt nach h.M. eine quotale Aufteilung der historischen Anschaffungskosten der Ursprungswährung. Ausgangspunkt dürfte hierbei regelmäßig der Wert beider Währungen im Zeitpunkt des Forks sein. Die beiden Kurse werden ins Verhältnis zueinander gesetzt und die sich daraus ergebende prozentuale Gewichtung dient als Aufteilungsmaßstab für die historischen Anschaffungskosten. Als Anschaffungszeitpunkt wird der Zeitpunkt der Anschaffung der ursprünglichen Kryptowährung.

In der Fachliteratur ist bisher umstritten, wie die exakte steuerliche Evaluation zu erfolgen hat. Die Meinungen gehen dabei weit auseinander. Teile der Literatur vertreten die Auffassung, dass kein Besteuerungstatbestand gegeben sein kann, wohingegen andere eine Besteuerung bejahen. In diesen Sachverhalten führt derzeit vermutlich kein Weg an einer Verständigung mit dem zuständigen Finanzamt vorbei.  

Airdrops

Im Rahmen eines Airdrops werden Coins/Token verteilt, um regelmäßig neue Projekte bekannt zu machen. Dies ist vergleichbar mit einem Fork, bei welchem derjenige Coins/Token einer anderen (neuen) Kryptowährung kostenlos erhält, der im Zeitpunkt des Snapshots eine bestimmte Kryptowährung gehalten hat.

Bei Airdrops liegen nach herrschender Meinung (u.a. Hakert/Kischbaum, Kryptowährungen wie Bitcoin & Co, DWS 02/2018) keine Herstellungs- oder Anschaffungskosten vor, da die Coins/Token in einem schenkungsähnlichen Vorgang verteilt werden (schenkungsteuerpflichtige Vorgänge werden in Teilen der Literatur bisher verneint). Es wird derzeit davon ausgegangen, dass es sich bei Airdrops um keine steuerpflichtigen Leistungen handelt.   

Mining

Hinsichtlich des Minings geht die Finanzverwaltung grundsätzlich von dem Vorliegen eines Gewerbebetriebs und somit Einkünften nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG aus. In vielen Fällen, kann jedoch die Schwelle von der privaten Vermögensverwaltung zum Vorliegen eines Gewerbebetriebes noch nicht überschritten sein. Die Rechtsfolge wären nach herrschender Meinung in der Fachliteratur (Heuel/Matthey, Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen im Privatvermögen, NWB Nr. 15, S. 1037ff.) sonstige Einkünfte nach § 2 Abs. 1 S.1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 3 EStG, welche nach § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG im Zeitpunkt des Zuflusses und Abflusses (§ 11 EStG) als Überschuss der Einnahmen i.S.d. § 8 EStG über die Werbungskosten gemäß § 9 EStG besteuert werden. In diesen Fällen sollten stets Einzelfallentscheidungen getroffen und die Abgrenzung geprüft werden. Als Abgrenzungskriterien können, in Ermangelung spezieller Regelungen, nach unserer Auffassung die in Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum gewerblichen Aktienhändler dienen, vgl. H 15.7 Abs. 9 EStH, (vgl. Heuel/Matthey, Steuerliche Behandlung von Kryptowährungen im Privatvermögen, NWB Nr. 15, S. 1037ff).

Cloud Mining

Beim Cloud-Mining existieren verschiedene Ausgestaltungen, sodass die jeweiligen Verträge individuell zu prüfen sind, um anschließend die daraus nötigen steuerrechtlichen Rückschlüsse abzuleiten. Eine pauschale Darstellung ist nicht zielführend. Da man in manchen Fallkonstellationen Hardware (Rechenleistung/Server) im Ausland erwirbt und diese sodann zum Mining einsetzt, in anderen Sachverhalten jedoch Rechenleistung lediglich „mietet“, sollte für eine steuerrechtliche Evaluation ein Steuerberater aufgesucht werden.

Staking

Das staken von Kryptowährungen (z.B. Lisk, NEO, ONT, VET usw.) ist regelmäßig der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen (Abgrenzung zum Gewerbebetrieb, siehe oben, Prüfung des Einzelfalls!). Die „staking rewards“ stellen nach herrschender Auffassung in der Literatur Einnahmen (§ 8 EStG) im Zeitpunkt des Zuflusses (§ 11 EStG) dar und sind gemäß § 2 Abs. 1 S.1 Nr. 7 i.V.m. § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern. Eine spätere Veräußerung der gestakten Coins/Token ist nach derzeitiger Rechtsauffassung nicht steuerbar, vgl. Pielke, Besteuerung digitaler Währungen, IWB 6/2018, S. 234ff.

Masternodes

Der Betrieb sogenannter Masternodes (z.B. DASH) ist bisher noch nicht in den Fokus des Interesses der Fachliteratur gerückt. Es gibt jedoch vereinzelte Beiträge, welche das Vorliegen eines Gewerbebetriebes verneinen und die erhaltenen rewards im Zeitpunkt des Zuflusses (§ 11 EStG) als Einnahme (§ 8 EStG) dem § 22 Nr. 3 EStG zuordnen.

Umsatzsteuer

Bezüglich der umsatzsteuerlichen Würdigung von Kryptowährungen haben sich seit dem BMF-Schreiben vom 27.02.2018 (BMF-Schreiben v. 27.02.2018 – III C 3 – S 7106-b/13/ 10001) keine Neuerungen ergeben. Da wir diesbezüglich bereits einen gesonderten Artikel verfasst haben, möchten wir an dieser Stelle lediglich darauf verweisen: Umsatzsteuerliche Behandlung von Kryptowährungen

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Nach bisheriger Rechtsauffassung werden Kryptowährung Finanzinstrumenten i.S.v. § 1 Abs. 11 S. 1 KWG zumindest gleichgestellt (BayLfSt v. 14.01.2019 S 3812b1.1 – 16/12 St 34) und sind folglich als Finanzmittel gemäß § 13b Abs. 3 Nr. 5 ErbStG einzustufen. Die Bewertung erfolgt gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 BewG mit dem gemeinen Wert. Es ist somit der Martkwert/Gegenwert in EUR am Bewertungsstichtag heranzuziehen.

Siehe hierzu unseren ausführlichen Artikel: Kryptowährungen in der Erbschaft- und Schenkungsteuer

Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von Kryptowährungen

Sehr interessant ist der kürzlich in der NWB erschienene Artikel: Schroen, Besteuerung von „Bitcoin und Co.“ verfassungswidrig?, NWB 28/2019, S. 2084ff. Der Autor befasst sich mit der Frage, inwieweit der Verwaltungsapparat derzeit eine rechtliche Handhabe besitzt, um die Besteuerung von Kryptowährungen überhaupt zu realisieren. Der Autor bezieht sich dabei auf das Urteil des FG Baden-Würtemberg v. 02.03.2018 – 5 K 2508/17 (Revision beim BFH anhängig, AZ: IX R 10/18), welches die Verfassungswidrigkeit der Besteuerung von Veräußerungsgeschäften mit UEFA Champions League Karten festgestellt hatte und eine Analogie zu Geschäften mit Kryptowährungen andeutete. Die Richter verwiesen auf das Urteil des BVerfG v. 09.03.2004 – 2 BvL 17/02, welches für den „Neuen Markt“ mit seinen teils drastischen Wertsteigerungen von Aktien strukturelle Erhebungsmängel festgestellt hatte und die Besteuerung der Wertzuwächse aufgrund eines Erhebungsdefizits dem Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG nicht standhielt.

Schroen kommt zu dem Ergebnis, dass dies ebenso für die Besteuerung von Geschäften mit Kryptowährungen gelten könne, da diese einer behördlichen Überprüfung und dem Vollzug zum Teil noch schwerer zugänglich sind, als seinerzeit im „Neuen Markt“. Damals existierten mit Banken zumindest noch zentrale Ansprechpartner, wohingegen dezentrale Netzwerke (wie z.B. die Bitcoin Blockchain) keine Bezugsperson besitzen (da dies gerade das Charakteristikum der Dezentralität ist).

Insofern dies noch nicht geschehen ist, sollte darüber nachgedacht werden, entsprechende Steuerbescheide offen zu halten.

Zusammenfassung:

In der Literatur hat sich in der Zwischenzeit einiges getan und viele Autoren waren bemüht die neue Rechtsmaterie „Kryptowährungen“ adäquat in das bestehende Steuersystem zu integrieren. Die hier geleistete Pionierarbeit verdient Anerkennung, da zum Teil eine enorme Rechtsunsicherheit bestand, die viele Investoren verängstigte und gleichermaßen abschreckte. Freilich existiert weiterhin eine Vielzahl grauer Flecken, welche bisher nicht vollends beseitigt werden konnte. Da mittlerweile über 2.000 verschiedene Kryptowährungen existieren und sich viele in ihrem technischen Hintergrund voneinander unterscheiden, ist dieser Umstand – neben der Neuartigkeit – insbesondere der Vielfältigkeit von Kryptowährungen geschuldet. Das Schrifttum hat hier bisher einiges zur Aufklärung beigetragen. Wünschenswert wäre eine ebenso intensive gesetzgeberische Initiative und eine Beschleunigung der Arbeiten an einem ertragssteuerlichen Schreiben seitens des BMF.  


Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums. Für eine konkrete Beratung wird diesseitig die Konsultation eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts empfohlen.

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