Kryptowährungen und Umsatzsteuer

Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat sich der bisher bestehenden Rechtsunsicherheit hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlungen von Kryptowährungen angenommen.
Vor allem bezüglich des Minings von Kryptowährungen (beispielsweise von Bitcoin oder Monero) verwies selbst die Bundesregierung in einer Stellungnahme im Januar (BT-Drucks. 19/370 v. 5.1.2018) darauf, dass die umsatzsteuerliche Behandlung noch nicht abschließend geklärt sei.

Die Umsatzsteuerproblematik wurde nunmehr vom BMF aufgegriffen und entfaltet zumindest für alle Finanzämter eine interne Bindungswirkung.

Das BMF orientiert sich an dem Urteil des EuGH vom 22.10.2015 (EuGH, 22.10.2015 – Rs C-264/14). Die Richter der höchsten europäischen Gerichtsbarkeit hatten entschieden, dass der Umtausch von gesetzlichen Zahlungsmitteln in Bitcoins und umgekehrt eine steuerfreie Tätigkeit darstellt. Konkret handelt es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Buchst. c MwStSysRL, die unter die Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. e MwStSysRL (entspricht § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG) fällt.

Die nachstehenden Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

I. Umsätze, die sich auf Bitcoin beziehen

Der Umtausch von Bitcoin:

Bei dem Umtausch von konventionellen Währungen in Bitcoin und umgekehrt handelt es sich um eine steuerbare sonstige Leistung, die im Rahmen einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei ist.

Die Verwendung von Bitcoin als Entgelt:

Die Verwendung von Bitcoin wird der Verwendung von konventionellen Zahlungsmitteln gleichgesetzt, soweit sie keinem anderen Zweck als dem eines reinen Zahlungsmittels dienen. Die Hingabe von Bitcoin zur bloßen Entgeltentrichtung ist somit nicht steuerbar.
Bei Zahlung mit Bitcoin bestimmt sich das Entgelt beim Leistenden grundsätzlich nach dem Gegenwert in der Währung des Mitgliedsstaates, in dem die Leistung erfolgt und zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Leistung ausgeführt wird. In analoger Anwendung des Art. 91 Abs. 2 MwStSystRL soll die Umrechnung zum letzten veröffentlichten Verkaufskurs (z. B. auf entsprechenden Umrechnungsportalen im Internet) erfolgen. Dieser ist vom leistenden Unternehmer zu dokumentieren.

Folgefragen hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Bitcoin in Bezug auf weitere Umsätze:

a) „Mining“
Bei den Leistungen der Miner handelt es sich um nicht steuerbare Vorgänge. Die sog. Transaktionsgebühr, welche die Miner von anderen Nutzern des Systems erhalten können, wird freiwillig gezahlt und steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen der Miner. Auch die Entlohnung in Form des Erhalts neuer Bitcoin durch das System selbst ist nicht als Entgelt für die Minerleistungen anzusehen, da die Minerleistungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden. Dieses setzt neben dem Leistenden das Vorhandensein eines identifizierbaren Leistungsempfängers voraus.
b) Wallet“
Die „Wallets“ (elektronische Geldbörsen) werden auf dem Computer, Tablet oder Smartphone gespeichert und dienen der Aufbewahrung der sog. virtuellen Währung. Eine Wallet kann z. B. eine App für ein Smartphone sein, die aus einem Appstore heruntergeladen werden kann. Soweit Anbieter für die digitalen Wallets eine Zahlung von Gebühren verlangen, liegen auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 3 UStG vor, die nach Maßgabe des § 3a Abs. 2 bzw. Abs. 5 S. 1 UStG steuerbar und steuerpflichtig sind, soweit der Leistungsort im Inland liegt (vgl. hierzu auch Abschnitt 3a.9a Abs. 1 bis 8 UStAE).
c) Handelsplattformen
Stellt der Betreiber einer Handelsplattform seine Internetseite als technischen Marktplatz zum Erwerb bzw. Handel von Bitcoin den Marktteilnehmern zur Verfügung, handelt es sich um die Ermöglichung der rein EDV-technischen Abwicklung. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG kommt hierfür nicht in Betracht. Soweit der Betreiber der Plattform allerdings den Kauf und Verkauf von Bitcoin als Mittelsperson im eigenen Namen vornimmt, kommt die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. b UStG in Betracht.

II. Umsätze, die sich auf andere sog. virtuelle Währungen beziehen

Angesichts der Urteilsgründe und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes werden auch andere sog. virtuelle Währungen den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen. Dementsprechend ist der Umtausch solcher sog. virtuellen Währungen in gesetzliche Zahlungsmittel und umgekehrt steuerbefreit. Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen), da dieses kein Zahlungsmittel i.S.d. MwStSystRL darstellt.

III. Anpassung des Umsatzsteueranwendungserlasses (UStAE)

Der UStAE wird in Abschnitt 4.8.3 Abs. 3 UStAE um einen Abs. 3a erweitert:

„(3a) Sog. virtuelle Währungen (Kryptowährungen, z.B. Bitcoin) werden den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichgestellt, soweit diese sog. virtuellen Währungen von den an der Transaktion Beteiligten als alternatives vertragliches und unmittelbares Zahlungsmittel akzeptiert worden sind und keinem anderen Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen (vgl. EuGH-Urteil vom 22. Oktober 2015, C-264/14, Hedqvist, BStBl 2018 II S. xxx). Dies gilt nicht für virtuelles Spielgeld (sog. Spielwährungen oder Ingame-Währungen, insbesondere in Onlinespielen).“

Kommentar:

Das BMF-Schreiben ist zu begrüßen und schafft es, die bisher bestehende Rechtsunsicherheit – vor allem hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung des Minings – einzugrenzen. Erfreulich ist, dass man sich an der Rechtsprechung des EuGH orientierte und somit einer europaweiten umsatzsteuerrechtlichen Harmonisierung in diesem Bereich keine weiteren Steine in den Weg legte. Auch für die Anwendung in der Praxis gibt man den Finanzbeamten, wie auch der Beraterschaft eine in der Praxis handelbare Umsetzung an die Hand.
Insbesondere sollte es auch alle Nutzer und Investoren von Kryptowährungen beruhigen, die in den vergangenen Wochen (durch aus fachlicher Sicht völlig fragwürdige Artikel) zusätzlich verunsichert wurden. In diesen Artikeln wurden verschiedene Weltuntergangsszenarien heraufbeschworen, welche angesichts des supranationalen Leitcharakters der EuGH-Rechtsprechung aus 2015 (EuGH, 22.10.2015 – Rs C-264/14) teilweise vollkommen absurd waren.

Mit der Einstufung des Minings als „nicht umsatzsteuerbar“ (mangels identifizierbarem Leistungsempfänger) folgt die Finanzverwaltung der Auffassung anderer EU-Mitgliedsstaaten (z.B. Österreich), die in diesem Punkt bereits Klarheit geschaffen hatten.

WICHTIG! Das hier thematisierte BMF-Schreiben darf jedoch keinesfalls dahingehend ausgelegt werden, dass nunmehr alle Kryptowährungen umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln wären und jeder beliebige Sachverhalt eine Umsatzsteuerfreiheit zum Ergebnis hat. Das Bundesministerium für Finanzen hat sich – wie auch der EuGH – explizit auf Kryptowährungen bezogen, die keinen anderen Zweck als die Verwendung als Zahlungsmittel haben. Bei Coins und Token, die für eine anderweitige Nutzung konzipiert wurden sollte zukünftig auch weiterhin eine Einzelfallbetrachtung geboten sein (das bedeutet jedoch keinesfalls, dass alle andere Kryptowährungen zwangsläufig der Umsatzbesteuerung unterliegen).


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