Die Mieten steigen, der öffentliche Nahverkehr erhöht mal wieder seine Ticketpreise und auch der Besuch im Restaurant wird — wie der wöchentliche Einkauf — jedes Jahr teurer. Die Preisspirale dreht sich stetig nach oben.
Eine logische Konsequenz der gestiegenen Lebenshaltungskosten ist eine Korrektur der Einkommen.
Eine derartige Anpassung steht für die Thüringer Rechtsreferendare derzeit in der Diskussion. Das bizarre an dieser Thematik: Die rot-rot-grüne Landesregierung hat dabei offenbar die Richtung verwechselt.
Statt einer Erhöhung der Einkommen sollen Thüringer Rechtsreferendare nach Vorschlägen der Koalitionsfraktionen künftig deutlich weniger in der Tasche haben. Der Bruttoverdienst soll von derzeit rund 1300€ auf etwa 1100€ herabgesetzt werden. Darüber hinaus soll der Beamtenstatus auf Widerruf abgeschafft werden, was weitere finanzielle Einbußen mit sich bringen würde. Begründet wird der Schritt mit der Haushaltskonsolidierung, die an vielen anderen Ecken jedoch gern übersehen wird.
Zugegebenermaßen ist die Unterhaltsbeihilfe (Gehalt der Rechtsreferendare) in Thüringen im deutschlandweiten Vergleich am höchsten, was mitunter jedoch den hohen Stellenwert der rechtswissenschaftlichen Lehre in Thüringen wiederspiegelt, die ihrerseits bundesweit — wie generell das Thüringer Bildungssystem — einen guten Ruf genießt. Auch den befristeten Beamtenstatus haben die Thüringer Rechtsreferendare exklusiv, was das Land als Bildungsstandort attraktiv macht. Angesichts der Tatsache, dass viele Bundesländer die Beihilfen in den letzten Jahren erhöht haben ist daher zudem fraglich, ob man diese gute Positionierung leichtfertig riskieren will? Ferner kann man es als überaus verwerflich erachten, eine verfehlte Haushaltspolitik (die freilich teilweise als Bürde der vorherigen Landesregierung übernommen wurde) durch die Kürzung von Investitionen in Bildung korrigieren zu wollen. Gerade jene Bildung repräsentiert eines der höchsten Güter der Moderne und stellt stets eine solide Investition in die Zukunft dar.
Führt man sich die demographischen Entwicklungsprognosen vor Augen und zieht zudem die nachweislich ohnehin schon hohen Wegzugszahlen von jungen, gut ausgebildeten, Fachkräften heran, kommt man nicht umhin einem solchen Vorschlag eher kritisch zu begegnen.
Diversen Studien zufolge wird sich der zukünftige Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften vor allem in den neuen Bundesländern niederschlagen. Kürzt man nunmehr die Ausgaben für Bildung, verstärkt man diesen Effekt, was im Ergebnis nichts anderes als eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Thüringen und dessen Wettbewerbsfähigkeit bedeutet.
Ein solcher Weg sollte nicht eingeschlagen werden.
Zumal die Haushaltskonsolidierung bei vielen Projekten und Vorhaben des Landes eher einen sekundären Stellenwert genießt.