Zur Zulässigkeit und den Risiken von Verträgen seitens Gesellschaftsorganen mit der eigenen Gesellschaft

Sobald einflussreiche Organe einer Gesellschaft (z.B. Gesellschafter, Geschäftsführer, Aufsichtsratsmitglieder, aber auch ihnen nahestehende Personen) mit dem eigenen Unternehmen Verträge abschließen, läuten bei jedem Finanzbeamten die Alarmglocken. Die Gestaltungspraxis derartiger vertraglicher Konstrukte hatte in der Vergangenheit häufig ein Ziel: eine verdeckte Gewinnausschüttung (kurz „vGA“).

Verdeckte Gewinnausschüttung

Allgemeines zur vGA

Als verdeckte Gewinnausschüttung wird jede Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung angesehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG (oder die entsprechenden Einkünfte) ausgewirkt hat, nicht auf einem entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht und an eine eng mit dem Unternehmen in Verbindung stehende Person erfolgt, vgl. R 8.5 Abs. 1 KStR. Sie muss geeignet sein, für diese Person einen Vorteil darzustellen (sonstiger Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG), H 8.5 II. „Vorteilseignung“ KStH.

Im Zuge einer vGA erfolgt ein Vermögenstransfer von der Gesellschaft — am Fiskus vorbei — zum Begünstigten, ohne dabei in einer gesetzlich vorgeschriebenen Höhe der Besteuerung zu unterliegen. Dieser Vermögenstransfer kann darin resultieren, dass eine steuerlich unbeachtliche Gewinnverwendung in steuerwirksame Betriebsausgaben abgeändert wird. Es existieren viele verschiedene Ausgestaltungen von vGAs, die bisher auch bereits Einkehr in eine Vielzahl höchstrichterlicher Urteile gefunden haben. Alle haben jedoch gemein, dass sie den Gewinn der Gesellschaft nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht mindern dürfen.

Die Eventualität des Bestehens einer vGA führt jedoch nicht automatisch zur Nichtigkeit aller Verträge zwischen dem Gesellschafter und seiner Firma oder zu deren steuerlicher Nichtanerkennung. An dieser Stelle wird das Instrument des Fremdvergleichs („dealing at arms lenght“ – Grundsatz) relevant. Hierbei wird darauf abgestellt, ob der Vertrag in dieser Weise auch gegenüber einem Dritten zustande gekommen wäre und ob ein ordentlicher Kaufmann die Zuwendung einer Person, die nicht Gesellschafter ist, ebenfalls gewährt hätte.

Beherrschende Gesellschafter

Ist das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter derart stark ausgeprägt, dass der Gesellschafter als beherrschend angesehen wird, gelten weitere Verschärfungen hinsichtlich der Wirksamkeit der Verträge.

Ein Beherrschungsverhältnis liegt in den meisten Fällen durch die Mehrheit der Gesellschaftsanteile und damit einher die Mehrheit des Stimmrechts vor, kann jedoch auch in Fällen gegeben sein, in denen der Gesellschafter keine Stimmrechtsmehrheit besitzt, aber in der Praxis eine faktische Beherrschung vorliegt, da der Gesellschafter seinen Willen in der Gesellschaft uneingeschränkt durchsetzen kann. Auch Konstellationen in denen eine Personengruppe mit gleichgerichteten Interessen entsprechende Verträge mit der Gesellschaft abschließt können als beherrschend angesehen werden.

Verträge mit beherrschenden Gesellschaftern müssen insbesondere:

  • im Vorhinein geschlossen
  • tatsächlich durchgeführt
  • klar und eindeutig formuliert
  • fremdüblich
  • zivilrechtlich wirksam

sein. Fehlt eines der Merkmale kann das Finanzamt im Falle einer Prüfung zu dem Ergbnis gelangen, dass der Vertrag steuerlich nicht anzuerkennen ist und folglich in der Durchführung des Vertrags eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen ist.

Zwischenfazit:

Demnach ist der Vertragsschluss mit der eigenen Firma grundsätzlich legitim, unterliegt jedoch einer Reihe formeller Anforderungen wie dem Fremdvergleichsgrundsatz und damit einer strengen individuellen Kontrolle.

Es besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass ein Gesellschafter für seine GmbH als angestellter Geschäftsführer (und damit als Arbeitnehmer; beachte Sozialversicherungsrecht!) oder als Berater (Dienstvertrag) tätig wird. Hierfür wären ein Geschäftsführeranstellungsvertrag oder ein Beratervertrag erforderlich. Es sind aber auch weitere Vertragskonstellationen (vor allem Miet- und Pachtverträge) denkbar.

Praxisbeispiel:
Der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer der A-GmbH ist Rechtsanwalt, vertritt die GmbH in seiner Funktion als Rechtsanwalt vor Gericht und lässt sich diese Leistung von der GmbH vergüten.

Ein derartiges Vertragskonstrukt ist nicht zu beanstanden, wenn der Beratungsvertrag einem Fremdvergleich standhält und insbesondere die nachfolgenden Merkmale aufweist:

  1. Der Vertrag muss eindeutige und klar ausgestaltet sein (insbesondere ist auf eine umfangreiche Darstellung der Aufgaben des Beraters einzugehen.
  2. Beratervertrag und Geschäftsführungsvertrag sollten (zivilrechtlich) klar voneinander abgegrenzt sein (keine Beratungsaufgaben, welche normalerweise in den Aufgabenbereich der Geschäftsführung fallen).
  3. Der Vertragsabschluss muss im Vorhinein erfolgen.
  4. Um die Nebentätigkeit als Berater zu ermöglichen sollten etwaige Wettbewerbs-/Nebentätigkeitsverbotsklauseln im Geschäftsführungsvertrag beseitigt werden.
  5. Für die Beratertätigkeit sollte ein gewisses Know-How vorhanden sein, um einen Mehrwert für das Unternehmen zu generieren.
  6. Die Beratervergütung muss angemessen sein und einem Fremdvergleich standhalten (hier stellt sich die Frage: „wie viel würde das Unternehmen für die Beratungsleistung einem sonstigen Dritten zahlen?“).
  7. Beim Übergang von der Vollzeitgeschäftsführungstätigkeit in Teilzeitgeschäftsführungstätigkeit nebst Beratertätigkeit sollte sich die Verringerung der Arbeitszeit als Geschäftsführer auch in einer Reduzierung des Geschäftsführergehaltes widerspiegeln (diese Auffassung ist jedoch in der Literatur umstritten).
  8. Die Beratungsleistung muss tatsächlich durchgeführt werden (Nachweispflicht!).
  9. Die Höhe der Beteiligung an der GmbH ist nach Auffassung in der Literatur irrelevant für die ertrag- wie umsatzsteuerliche Beurteilung der Frage, ob der Berater seine Dienste als Arbeitnehmer oder freier Unternehmer ausübt

Für eine Tätigkeit als Arbeitnehmer (nichtselbständig) sprechen insbesondere:
Weisungsgebundenheit, persönliche Abhängigkeit, feste Arbeitszeiten, regelmäßige monatliche Bezüge, Eingliederung in den Betrieb, Anspruch auf Urlaub und sonstige Sozialleistungen, Überstundenvergütungen sowie Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Arbeitserfolgs, Lohnbesteuerung der privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw

Für eine unternehmerischer Tätigkeit (Selbständigkeit) sprechen dagegen:
eigenständige Organisation der Arbeit (Unternehmerinitiative), Eigenverantwortung und Risiko (Unternehmerrisiko), keine oder nur geringe Vorgaben zu Anwesenheitszeiten im Betrieb, Kapitaleinsatz, Handeln auf eigene Rechnung, unternehmertypische Vergütung (z.B. Pauschalvergütung als Festpreis), flexible Vertragsanpassungsmöglichkeiten

Es muss eine regelmäßige Abrechnung der Beratertätigkeiten vorliegen.

Bei einer korrekten Ausgestaltung des Beratervertrages (Vertrag weist alle typischen Merkmale eines freien Mitarbeiters auf), ist der Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Funktion (als Berater der GmbH) als selbständiger Unternehmer (auch umsatzsteuerlich gemäß § 2 Abs. 1 UStG) anzusehen; Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflichten entfallen dann regelmäßig — an diesem Punkt ist es empfehlenswert die eigene rechtliche Auffassung absichern zu lassen. Das kann durch entsprechenden rechtlichen Rat oder die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens bei der Sozialversicherung erfolgen.

Ergebnis:

Der wirksame Vertragsschluss zwischen der Gesellschaft und ihren Organen (sowie nahestehenden Personen) ist auch im Hinblick auf das Steuerrecht möglich, unterliegt jedoch strengen formellen Vorgaben, deren Nichtbeachtung dazu führen kann, dass die Finanzverwaltung beispielsweise eine verdeckte Gewinnausschüttung feststellt, was mitunter sowohl auf der Gesellschaftsebene (Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer) wie auch auf der Gesellschafterebene (Kapitalertragssteuer) in erheblichen Nachzahlungsforderungen seitens des Finanzamt resultieren könnte.

Neben der reinen ertragsteuerlichen Wirksamkeit der jeweiligen vertraglichen Gestaltungen sollten unbedingt auch etwaige Besonderheiten hinsichtlich der Umsatzsteuer und sozialversicherungsrechtliche Aspekte beachtet und zumindest angeprüft werden.


Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht, entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums und können nicht auf jeden Einzelfall angewendet werden. In jedem Falle wird diesseitig die Konsultation eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts empfohlen.