Einführung einer Bonpflicht

Mit der seit 01.01.2020 eingeführten Belegerteilungspflicht („Bonpflicht“) werden viele Kunden seit Beginn des neuen Jahres bereits in Kontakt gekommen sein. Die Bonpflicht trifft insbesondere Gewerbe mit einer hohen Frequenz an Bargeldgeschäften wie z.B. Bäckereien, Fleischer oder Friseursalons. Alle Betriebe, die ein elektronisches Kassensystem nutzen, müssen seit Anfang des Jahres für jedes Geschäft mit einem Kunden (unabhängig davon wie niedrig der Betrag ist) einen Beleg herausgeben. Die jeweiligen Berufskammern kritisierten die Einführung der gesetzlichen Pflicht stark, konnten deren Umsetzung jedoch nicht verhindern.

Konkret formuliert der Gesetzgeber in § 146a Abs. 2 AO:

„Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 erfasst, hat dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Geschäftsvorfall unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften einen Beleg über den Geschäftsvorfall auszustellen und dem an diesem Geschäftsvorfall Beteiligten zur Verfügung zu stellen (Belegausgabepflicht).“

In § 146 Abs. 3 AO wird das Bundesministerium der Finanzen (BMF) dazu ermächtigt, eine Vielzahl von Anforderungen an elektronische Kassensysteme durch Rechtsverordnung zu bestimmen. Mit der Schaffung der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) machte das BMF von dieser Ermächtigung Gebrauch.

Aus der gesetzlichen Grundlage in § 146 Abs. 3 Nr. lit. f AO, welche die Ausgestaltungsmöglichkeit von Regelungen hinsichtlich Belegen enthält, konkretisierte das BMF in § 6 KassenSichV die Anforderungen an einen Beleg.

Dieser muss (nach BMF v. 17.06.2019, „Anwendungserlass zu § 146a AO“, IV A 4 -S 0316-a/18/10001, 5.4.) nachstehende Voraussetzungen enthalten:

  1. Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers (vgl. § 6 Nr. 1 KassenSichV). Aus Vereinfachungsgründen genügen die Angaben aus § 31 Abs. 2 UStDV (A 14.5 Abs. 2 UStAE)
  2. Das Datum der Belegausstellung und den Zeitpunkt des Vorgangbeginns sowie den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung (vgl. AEAO zu § 146a, Nr. 3.6.3)
  3. Die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung (vgl. auch AEAO zu § 146, Nr. 2.1.3).
  4. Die Transaktionsnummer i.S.d. § 2 S. 2 Nr. 2 KassenSichV (vgl. AEAO zu § 146a, Nr. 3.5)
  5. Das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt. Erfordert ein Geschäftsvorfall (vgl. AEAO zu § 146a, Nr. 1.7) nicht die Erstellung einer Rechnung i.S.d. § 14 UStG, sondern einen sonstigen Beleg (z.B. Lieferschein), wird nicht beanstandet, wenn dieser Beleg nicht den unter § 6 S. 1 Nr. 5 KassenSichV geforderten Steuerbetrag enthält.
  6. Die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls. Auf dem Beleg ist die nach § 2 S. 2 Nr. 8 KassenSichV protokollierte Seriennummer anzugeben (vgl. AEAO zu § 146a, Nrn. 3.6.1, 3.6.2).
  7. Betrag je Zahlungsart
  8. Signaturzähler
  9. Prüfwert

Die umsatzsteuerlichen Vorschriften an eine Rechnung bleiben unberührt, vgl. BMF v. 17.06.2019, „Anwendungserlass zu § 146a AO“, IV A 4 -S 0316-a/18/10001, 5.3.

§ 146a Abs. 2 Satz 2 AO sieht zwar grundsätzlich eine Befreiungsmöglichkeit vor, das BMF hat allerdings schon signalisiert, davon so gut wie keinen Gebrauch machen zu wollen.

Die Bonflicht gilt jedoch nicht für Nutzer einer sogenannten offenen Ladenkasse. Sie gilt nach Wortlaut des § 146a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AO für diejenigen Unternehmen, die aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems (z.B. elektronische Registrierkasse) erfassen. Eine Pflicht zur Nutzung einer elektronischen Registrierkasse existiert derzeit noch nicht.

Digitale Belegerteilung

Neben der Belegerteilung im Papierformat enthält die KassenSichV in § 6 Satz 3 KassenSichV die Möglichkeit der digitalen Realisierung via standardisierter Datenformate (z. B. PDF oder JPG). Dies erfordert die Zustimmung des Kunden.

Elektronische Kassensysteme

Seitdem das Thema Kasse und insbesondere die elektronischen Kassensysteme in den Fokus des Interesses der Finanzverwaltung und des Gesetzgebers gerück sind, erfolgten unzählige Anpassungen, Verschärfungen, Übergangs- und Ausnahmeregelungen rund um diese Thematik. Seit 01.01.2018 neu ist u.a. die Kassen-Nachschau gemäß § 146b AO, welche das Finanzamt seither als Kontrollinstrument in bargeldintensiven Branchen (insbesondere der Gastronomie) durchführt. Die Kassen-Nachschau stellt zwar keine Betriebsprüfung i.S.d. § 193 AO dar, der Betriebsprüfer kann jedoch im Zuge einer Kassen-Nachschau zu einer Außenprüfung i.S.d. § 193 AO übergehen.

Da die Neuerungen rund um das Thema „Kasse“ bereits Inhalt einer Vielzahl an Fachbeiträgen waren und das BMF jeweils einen Anwendungserlass für Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungsysteme (BMF v. 17.06.2019, „Anwendungserlass zu § 146a AO“, IV A 4 -S 0316-a/18/10001) und zur Kassen-Nachschau verfasst hat (BMF v. 29.05.2018, „Anwendungserlass zu § 146b AO“, IV A 4 – S 0316/13/10005 :054), werden wir an dieser Stelle nicht vertieft auf die Grundlagen eingehen, sondern lediglich kurz die Neuerungen ab 01.01.2020 vorstellen.

Diese umfassen eine weitere Verschäfung hinsichtlich der Nutzung elektronischer Kassensysteme (z.B. Warenwirtschaftssystem) dahingehend, dass die Geräte zukünftig über zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen (TSE) verfügen müssen. Diese Neuerung wurde mittels Nichtbeanstandungsregelung jedoch mit einer Fristverlängerung auf den 30.09.2020 bedacht, vgl. BMF v. 06.11.2019 – IV A 4 – S 0319/19/10002 :001, BStBl 2019 I S. 1010. Die Umstellung hat bis zum Ablauf der Frist zu erfolgen. Wird sie nicht vorgenommen, kann der Betriebsprüfer die komplette Buchhaltung im Rahmen einer Außenprüfung als formell nicht ordnungsgemäß verwerfen und eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO vornehmen.  

Wie weiter oben bereits angeführt besteht derzeit noch keine gesetzliche Pflicht zur Verwendung eines elektronischen Kassensystems. Eine offene Ladenkasse kann daher noch ohne Bedenken genutzt werden.

Kommentar:

Diesseitig wird die neu eingeführte Bonpflicht kritisch betrachtet. Freilich versuch man gegen Schwarzgeldgeschäfte in bargeldintensiven Branchen internsiver vorzugehen, gerade im Zusammenhang mit den kürzlichen Abschlüssen des „Klimapaketes“ und des „Bürokratieentlastungsgesetzes III“ dürfte eine derartige Regelung, welche eine starke Steigerung von Papiermüll und einen unnötigen unternehmerischen Bürokratieaufwand zur Folge haben wird, jedoch weiterhin auf enormen Widerstand sowohl der Innungen, als auch aus dem Lager der Umweltschützer stoßen. Die digitale Belegerteilung – die schon verhäuft bei Onlinebestellungen genutzt wird – dürfte lediglich für Betriebe mit einer „Stammkundschaft“ relevant sein, da kaum ein Bäcker die Mailadresse von seiner Laufkundschaft anfordern wird – was zudem mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wiederum erneute bürokratische Komplikationen hervorrufen würde. Ferner existieren derzeit keine Sanktionsmaßnahmen für den Fall der Nichteinhaltung der Belegerteilungspflicht, was eine einheitliche Anwendung zumindest fraglich erscheinen lässt. In diesem Bereich sind jedoch Nachjustierungen seitens des Gesetzgebers oder der Finanzverwaltung zu erwarten.

Die Verschärfung hinsichtlich der elektronischen Kassensysteme ist indes zu begrüßen. Die Einführung seit 2018 erfolgte zwar holprig und es ist bis dato noch offen inwieweit diejenigen, die im Rahmen bargeldintensiver Geschäfte tatsächlich aktiv Steuern hinterziehen, durch derartige Regelungen daran gehindert werden, jedoch vertreten wir die Aufassung, dass der eingeschlagene Weg konsequent gegangen werden sollte, was die geplante Einführung der TSE einschließt.


Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums. Für eine konkrete Beratung wird diesseitig die Konsultation eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters empfohlen.