Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 21.08.2019 – 7 AZR 452/17 seine Rechtsprechung zur sachgrundlosen Befristung weiterentwickelt.

Der Gesetzgeber bestimmt in § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), dass eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses nur zulässig ist, wenn dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Allerdings sind – wenn auch nur in engen Grenzen – Befristungen ohne Sachgrund möglich, wenn diese auf eine Gesamtdauer von zwei Jahren begrenzt werden. Dahingehend bestimmt § 14 Absatz 2 Satz 2 TzBfG, dass eine sachgrundlose Befristung unzulässig ist, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Vorbeschäftigungsverbot).

Nach der bisherigen Rechtsprechung des 7. Senates des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 2011 war eine sachgrundlose Befristung immer dann zulässig, wenn die Vorbeschäftigung bereits drei Jahre zurücklag. Mit einer grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, Urteil v. 06.06.2018 – 1 BVR 1375/14) wurde diese Rechtsprechung für verfassungswidrig erklärt, da das Bundesarbeitsgericht dadurch die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten habe. Dabei rief das Bundesverfassungsgericht die Fachgerichte jedoch auf, das Vorbeschäftigungsverbot verfassungskonform auszulegen, wenn seine Anwendung unzumutbar wäre. Konkret nannte das BVerfG drei Fallgruppen: Die Vorbeschäftigung liegt sehr lange zurück, die Vorbeschäftigung war ganz anders geartet und die Vorbeschäftigung war von sehr kurzer Dauer.

Das Bundesarbeitsgericht folgte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zunächst in drei Entscheidungen vom 23.01.2019. Die Urteile bezogen sich dabei auf Vorbeschäftigungen, welche maximal acht Jahre zurücklagen. Damit lagen sie nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes nicht sehr lange zurück, so dass die Befristungen dieser Arbeitsverträge unzulässig waren.

In der vorliegenden Entscheidung vom 21.08.2019 kommt das Bundesarbeitsgericht erstmals zu dem Ergebnis, dass eine Vorbeschäftigung tatsächlich sehr lange zurückliegt. Die Vorbeschäftigung des Arbeitnehmers lag hier 22 Jahre zurück, so dass die sachgrundlose Befristung in dem Arbeitsvertrag für zulässig befunden wurde.

Für die Praxis lässt sich somit feststellen, dass eine weitere sachgrundlose Befristung in der Regel nach 22 Jahren zulässig ist. Die Änderung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung dürfte hinreichend begründet sein und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung halten. Insoweit können sich Arbeitgeber auch im Hinblick auf bereits vor der Rechtsprechungsänderung geschlossenen Arbeitsverträgen grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz berufen. Diese Rechtsprechung gilt damit für alle einschlägigen Arbeitsverträge. Dies kann für Arbeitnehmer sehr vorteilhaft sein. Denn wenn eine Befristungsvereinbarung unzulässig ist, gilt der befristete Arbeitsvertrag gemäß § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Arbeitnehmer erlangt dadurch im Ergebnis einen unbefristeten Arbeitsvertrag.

Michael Geiling

Rechtsanwalt

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