Wenn man sich mit Kryptowährungen beschäftigt kommt man schnell an den Punkt, an dem man sich die Frage stellt:
Was zur Hölle ist der Unterschied zwischen Coin und Token?
Der nachstehende Artikel geht auf diese Fragestellung ein, stellt die wichtigsten Arten von Token vor und zeigt deren Unterscheidung zu Security Token, insbesondere im Hinblick auf die steuerliche Würdigung, auf.
1. Was ist ein Token und worin unterscheidet er sich von einem Coin?
Die Begriffe Coin und Token werden selbst im Bereich der Kryptowährungen oft als Synonym verwendet, unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten.
1.1 Coin
Als Coin wird eine Kryptowährung bezeichnet, die über ihrer eigene Blockchain verfügt. Das bekannteste Beispiel ist Bitcoin.
1.2 Token
Ein Token ist auf einer bereits bestehenden Blockchain aufgebaut. Ein solches Projekt verwendet somit eine von Dritten zur Verfügung gestellte Blockchain als Grundlage und entwickelt seine Anwendungen und Produkte in dem zur Verfügung gestellten Rahmen (je nach Blockchain unterschiedlich). Eine sehr häufig genutzte Blockchain ist die Ethereum Blockchain, da sie u.a. die Möglichkeit beinhaltet sogenannte „Smart Contracts“ (intelligente Verträge, meist ohne Mittelsmann / Intermediär) zu erstellen. Viele Kryptoprojekte wurden auf Basis der Ethereum Blockchain entwickelt. Sie werden mit dem Oberbegriff erc20 Token bezeichnet. Neben Ethereum existieren jedoch viele weitere Blockchains, die als Basis für die Erstellung von Projekten dienen (z.B. NEO, QTUM, Binance Smart Chain).
2. Welche Arten von Token existieren?
Im Segment der Token unterscheidet man bisher zwischen 4 zentralen Arten: den Utility Token, den Currency Token, den Stable Coins und den Security Token.
2.1 Utility Token
Unter den Begriff Utility Token werden Token eingeordnet die den Besitzern ein bestimmtes Nutzungs- oder Bezugsrecht innerhalb eines vorab klar definierten Netzwerks (meist einer Community) einräumen.
Die BaFin umschreibt sie folgendermaßen:
„Utility-Token (auch „App-Token“ oder „Nutzungstoken“): Krypto-Token, die Zugriff auf bestimmte Dienstleistungen oder Produkte erlauben, ähnlich einer Eintrittskarte oder eines Gutscheins. In diese Kategorie fiel die Mehrzahl der hier bisher bekannten im Inland im Rahmen eines ICOs ausgegebenen Krypto-Token. Grundsätzlich stellen Utility-Token keine Wertpapiere i.S.d. WpPG oder Vermögensanlagen i.S.d. VermAnlG dar. Solche Token sind in vielen Fällen auch keine Finanzinstrumente nach dem KWG“
https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_wa_merkblatt_ICOs.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Viele Utility Token besitzen zudem eine Zahlungsmittelfunktion (wenn auch nur innerhalb des Netzwerks, z.B. für den Bezug von Leistungen) und weisen somit auch Bestandteile eines Currency Tokens auf, der im nächsten Unterabschnitt näher beleuchtet wird.
2.2 Currency Token
Bei Currency Token handelt es sich um Token, die ausschließlich als Zahlungsmittelalternative fungieren sollen und nicht der Kontrolle von Zentralbanken unterliegen. Sie sind von den staatlich anerkannten gesetzlichen Zahlungsmitteln (sogenannte Fiatwährungen), die durch die Zentralbanken herausgegeben werden, abzugrenzen. Ihr Wert bestimmt sich – ähnliche wie z.B. bei Gold – auf dem freien Markt nach dem Prinzip Angebot und Nachfrage. Da Currency Token trotz Zahlungsfunktion staatlich nicht anerkannt sind, erfolgt auch eine abweichende rechtliche Beurteilung. Die BaFin stuft sie als Finanzinstrumente ein, nicht jedoch als Wertpapiere oder Vermögensanlagen.
„Zahlungstoken (auch „Virtuelle Währung“, „Payment-Token“ oder „Bare-Bone-Token“): Sind ähnlich wie Bitcoin ausgestaltet, eine Nutzung der Token als alternatives Zahlungsmittel ist vom Anbieter beabsichtigt. Grundsätzlich stellen Zahlungstoken keine Wertpapiere i.S.d. WpPG oder Vermögensanlagen i.S.d. VermAnlG dar, sie sind aber regelmäßig Finanzinstrumente nach dem KWG.“
https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_wa_merkblatt_ICOs.pdf?__blob=publicationFile&v=1
2.3 Stable Coins
Die Bezeichnung „Stablecoins“ ist unglücklich gewählt. Sie führen zwar den Begriff Coin im Titel, stellen aber regelmäßig Token dar. Auf der Ethereum-Website werden sie als Ethereum Token bezeichnet, die einen fixen Wert beibehalten, selbst wenn sich der Preis von Ethereum verändert.
„Stablecoins are Ethereum tokens designed to stay at a fixed value, even when the price of ETH changes.“
https://ethereum.org/en/stablecoins/
Stablecoins sind Kryptowährungen, die den Wert eines Assets wie z.B. Fiatwährungen, aber auch Edelmetalle abbilden. Sie sind an eine oder mehrere nationale Zentralbankwährungen (z.B. USD, oder Euro) gekoppelt und stellen diese digital dar. Prominentestes Beispiel ist Tether (USDT), das den Dollarpreis abbildet. Es kann sich bei einem Stable Coin aber auch um einen Warenkorb verschiedener Währungen handeln.
Das von Facebook unter dem ursprünglichen Namen Libra (jetzt: Diem) entwickelte Projekt soll beispielsweise an mehrere Leitwährungen geknüpft werden, um somit Währungsschwankungen besser ausgleichen zu können.
Das Projekt ist vielen Staaten ein Dorn im Auge, weil sie im Falle der breiten Akzeptanz einen Machtverlust befürchten. Diese Sorge ist berechtigt, denn Staaten würden in ihrer Geldpolitik stark eingeschränkt werden. Zentralbanken wie die FED oder die EZB sind derzeit für die Geldpolitik verantwortlich. Den Auswirkungen der Entscheidungen dieser Institutionen können sich Bürger der jeweiligen Staaten im Moment nur schwer entziehen. Dieser Umstand führt beispielsweise dazu, dass Sparer durch die Nullzinspolitik (aufgrund der jährlichen Inflation von ca. 2%) sukzessive Geld verlieren. Würde die Möglichkeit der „Flucht“ in digitale Stablecoins, die von mehreren Währungen gedeckt sind, bestehen, könnten die Maßnahmen der Zentralbanken ihre Wirkung verlieren. Die Geldpolitik wäre folglich stark eingeschränkt und die Staaten hätten deutlich weniger Spielraum als bisher. Viele Länder haben die Gefahr erkannt und beschäftigen sich daher momentan mit dem Gedanken selbst eine Form von digitalem Zentralbankgeld aufzusetzen (z.B. einen elektronischen Euro, kurz E-Euro).
Im Bereich der Kryptowährungen werden Stable Coins derzeit vor allem von Tradern genutzt, da sie sich damit das umständliche „auscashen“ auf einer Exchange (Kryptohandelsbörse) sparen. Anstatt mühselig via Ein- und Auszahlung Geld zwischen Fiat-Bankkonto und Exchange zu transferieren, kann man bequem von Bitcoin in Tether wechseln, das aufgrund der Koppelung an den USD auch bei einem starken Kursrutsch stabil bleibt.
3. Was sind Security Token?
Security Token stellen digitale Abbildungen eines Vermögenswerts unter Verwendung von Blockchain-Technologie dar. Sie sind von den gleich bezeichneten Sicherheitstoken abzugrenzen, die vorrangig beim Zugang in geschützte Netzwerke verwendet werden und hier nicht thematisiert werden.
Bei Security Token ist eine klare Analogie zu Unternehmensbeteiligungen (z.B. Aktien) erkennbar, da sie Gesellschaftsrechte oder ähnliche Rechte am Emittenten vermitteln. Es gibt deshalb Bestrebungen, u.a. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der SEC, sie den regulatorischen Anforderungen des Wertpapierhandels unterwerden. Die BaFin hat sich mit der Thematik bereits eingehend befasst und die nachstehenden Voraussetzungen für die Einordnung als Wertpapier herausgearbeitet:
„Generell gilt: Für die Einordnung eines Finanzinstruments als Wertpapier im Sinne des § 2 Nr. 1 WpPG bedarf es der Übertragbarkeit, der Handelbarkeit am Finanzmarkt und der Ausstattung mit wertpapierähnlichen Rechten. Eine Verbriefung in Form einer Urkunde, die bei klassischen Wertpapieren die Verkehrsfähigkeit von Finanzinstrumenten sicherstellt, ist für die Einordnung eines Tokens als Wertpapier nicht erforderlich.“
https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2019/fa_bj_1904_Tokenisierung.html
https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/BaFinPerspektiven/2018/bp_18-1_digitalisierung.pdf?__blob=publicationFile&v=18
https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/BaFinJournal/2019/bj_1904.pdf?__blob=publicationFile&v=3
Auch die Prospekt- und Erlaubnispflichten wurden seitens der BaFin in einem Merkblatt zusammengetragen, welches zudem explizit auf die Kategorisierung der verschiedenen Tokenarten und deren rechtliche Eingruppierung eingeht. Security Token
„Wertpapier(ähnliche) Token (auch „Equity Token“, „Security Token“, „Investment Token“ oder „Asset Token“): Inhabern solcher Token stehen mitgliedschaftliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche vermögenswerten Inhalts zu, die denen eines Aktieninhabers oder Inhabers eines Schuldtitels vergleichbar sind (z. B. Ansprüche auf dividendenähnliche Zahlungen, Mitbestimmung, Rückzahlungsansprüche, Verzinsung). Wertpapier(ähnliche) Token stellen grundsätzlich Wertpapiere i.S.d. ProspektVO, des WpPG und des WpHG dar und sind daneben auch Finanzinstrumente i.S.d. KWG.“
https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/Merkblatt/WA/dl_wa_merkblatt_ICOs.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Security Token unterscheiden sich damit deutlich von den 3 zuvor thematisierten Tokenarten, da sie eher der tokenisierten Form eines herkömmlichen Wertpapiers entsprechen und damit regelmäßig den Regularien des Finanzmarkts unterliegen.
4. Welchen Unterschied gibt es bei der Besteuerung von Security Token?
Zu den verschiedenen Tokenarten existieren bereits eine Vielzahl an Artikeln, warum diese alte Kamelle also nochmal herauskramen? Die Antwort ist klar: weil die Besteuerung von Security Token nach bisher herrschender Meinung in der Literatur von jener der anderen Token abweicht.
Vor allem die starke Analogie zu Unternehmensbeteiligungen führt bei Security Token zu der Auffassung, dass diese nicht nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG im Bereich Sonstige Einkünfte als Form privater Veräußerungsgeschäfte anzusiedeln sind, sondern Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 EStG darstellen.
Diese Rechtsauffassung führt steuerrechtlich in den meisten Fällen zu komplett unterschiedlichen Folgen:
- Keine Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz nach Tarif
- Stattdessen 25% „Abgeltungssteuer“
- Keine steuerfreie Veräußerung wenn zwischen Kauf und Verkauf mehr als ein Jahr liegt (Haltefrist)
- Deckelung des jährlichen Werbungskostenabzugs auf den Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 EUR (1602 EUR bei Zusammenveranlagung)
- Eingeschränkte Verlustverrechnung je nach Ausgestaltung im Bereich der Kapitaleinkünfte, nicht mit anderen Einkunftsarten und somit auch nicht mit Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (wie z.B. dem einfachen Handel von Kryptowährungen im Privatvermögen)
5. Ausblick
Es ist davon auszugehen, dass diese Thematik die Beratungsbranche in der Zukunft stärker beschäftigen wird, da nach dem ICO (Initial Coin Offerering) Hype in 2017/2018 mittlerweile eine klare Verschiebung hin zu den STOs (Security Token Offerings) erkennbar ist. Bei STOs sammeln Unternehmen durch den Verkauf von Security Tokens in der Regel Eigen- oder Fremdkapital ein, gewähren den Investoren – im Gegensatz zu ICOs – somit Anteile am Unternehmen. Auch hier wird der starke Bezug zu herkömmlichen Unternehmensbeteiligungen deutlich.
Vor allem weil Security-Tokens beim emittierenden Unternehmen regelmäßig Eigen- oder Fremdkapital darstellen, sind sie derzeit sehr beliebt. Die Vereinnahmung der Mittel ist hierbei oftmals nicht als Ertrag (der zu versteuern wäre), sondern lediglich als Passiva in der Bilanz zu erfassen.
Die hier dargestellte Rechtsauffassung kann aufgrund fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung und einer klaren Positionierung der Bundesregierung und des Bundesministeriums für Finanzen noch nicht als gesichert betrachtet werden.
Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums. Für eine konkrete Beratung wird diesseitig die Konsultation eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters empfohlen.
Ihr Ansprechpartner:
All-In-One Consulting (in Kooperation mit ausgewählten Steuerberatern)
Kettenstraße 11, 99084 Erfurt
- Martin Rudolph, M.A. Staatswissenschaftler, Junior Tax Consultant, Berater für Kryptowährungen und Blockchain (Inhaber)
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