Bonusprogramme der Krankenkassen

Viele Krankenkassen bieten Ihren Kunden Bonuszahlungen für eine gesunde Lebensführung. In den bunten Heftchen können Stempel für die Mitgliedschaft im Sportverein, den Gesundheits-Check-Up, diverse Vorsorgeuntersuchungen oder den regelmäßigen Besuch im Fitnessstudio gesammelt werden. Als Belohnung stellen die Krankenkassen ihren Mitgliedern in der Regel Geldprämien in Aussicht.
Wenn jedoch irgendwo Geld fließt, welches keinem automatischen Steuerabzug unterlegen hat, wird die Finanzverwaltung prinzipiell hellhörig. So auch bei den Bonuszahlungen der Krankenkassen.

Sichtweise der Finanzverwaltung

Bisher zogen die Finanzämter jene Bonuszahlungen von den geleisteten Sonderausgaben (den geleisteten Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenschutzes) des Steuerpflichtigen ab. Da die Sonderausgaben die Steuerlast mindern, konnten die Boni durch eine derartige Verrechnung bequem in den Besteuerungsprozess integriert werden. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) unterstrich diese Auffassung in einem Schreiben (vgl. BMF v. 19.08.2013, BStBl I 2013, 1087), wonach in allen Krankenkassenleistungen aufgrund eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung zu sehen sei.

Revision vor dem Bundesfinanzhof

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieser Praxis nunmehr einen Riegel vorgeschoben (BFH, 01.06.2016 – X R 17/15).

Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Kläger hatten Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG geltend gemacht. Die Kläger nahmen an einem Bonusprogramm ihrer Krankenkassen teil und erhielten einen Zuschuss für Gesundheitsmaßnahmen, die von ihnen zuvor privat finanziert worden waren.
Das Finanzamt folgte seiner bisherigen Auffassung und behandelte den Zuschuss als eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen welche sodann mit den in diesem Jahr gezahlten Versicherungsbeiträgen verrechnet wurde und im Ergebnis in einem geminderten Sonderausgabenabzug resultierte. Hiergegen wandten sich die Kläger mit einer Klage vor dem Finanzgericht (FG).
Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben (FG Rheinland-Pfalz, 28.04.2015 – 3 K 1387/14), da es sich nicht um eine Erstattung von Beiträgen handele.

Urteil des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof bestätigte das Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück.
Die Richter vertraten die Auffassung, dass die streitgegenständliche Bonuszahlung nicht zu einer Änderung der Beitragslast der Versicherten zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes führe.

In der Urteilsbegründung heißt es:

„Die Zahlung habe ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse, nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen. Die Bonuszahlung stehe nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern stelle eine Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen dar. Dem stehe aus Sicht des BFH auch nicht entgegen, dass die Krankenkasse die Bonuszahlung als erstatteten Beitrag angesehen und elektronisch im Wege des Kontrollmeldeverfahrens übermittelt hatte. Dem komme keine Bindungswirkung zu.“

Hinweis:

Das Urteil bezieht sich lediglich auf die Bonusvariante in Form einer Kostenerstattung für selbst getragene Aufwendungen. Für ähnlich gelagerte Sachverhalte kann dieses Urteil jedoch als Türöffner betrachtet werden und sollte daher eine simultane steuerliche Behandlung anderer Bonusprogramme der Krankenkassen ermöglichen.
Der BFH widerspricht mit diesem Urteil ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung.

Folgen für die Praxis:

In allen offenen Fällen ist es empfehlenswert die Steuerbescheide hinsichtlich einer etwaigen Minderung der Sonderausgaben zu prüfen, welche ihre Ursache in einer Bonuszahlung der Krankenkassen hat. Wurden die Sonderausgaben um den Bonusbetrag gekürzt empfiehlt sich gegebenenfalls die Einlegung eines Rechtsbehelfs (Einspruch, etc.) unter Verweis auf das Urteil des BFH vom 01.06.2016 mit dem Aktenzeichen: X R 17/15.

In Bezug auf Bonuszahlungen und Prämien im Sinne des § 65a SGB V enthalten einige Steuerbescheide bereits einen Vorläufigkeitsvermerk für § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG. Dieser gilt für Veranlagungszeiträume ab 2010, erstreckt sich jedoch explizit nicht auf Boni nach § 53 SGB V. Entfällt die komplette Kürzung der Bonuszahlungen auf ein Programm, welches von dem Vorläufigkeitsvermerk erfasst wurde, ist die Einlegung eines Rechtsbehelfs nicht erforderlich, da der Bescheid in diesem Punkt offen bleibt und (sobald ein endgültiger Beschluss vorliegt) auch nachträglich geändert werden kann.

Bevor man auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs verzichtet ist jedoch eine exakte Prüfung – ob der eigene Sachverhalt gänzlich von dem Vorläufigkeitsvermerk erfasst wurde – anzuraten.


Die angeführten Erläuterungen haben lediglich informatorischen Charakter, stellen keine Rechts- oder Steuerberatung dar und können diese mitnichten ersetzen. Die Informationen sind abstrakt, beziehen sich ausschließlich auf das deutsche Recht und entsprechen dem Rechtsstand des Beitragserstellungsdatums. Für eine konkrete Beratung wird diesseitig die Konsultation eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts empfohlen.